Die Zahlen sind alarmierend: Der aktuelle Demokratieindex zeigt, dass etwa 72% der Weltbevölkerung – rund 5,7 Milliarden Menschen – in Autokratien leben. Nur 13% leben in liberalen Demokratien, die sich größtenteils in Europa befinden.
Während der Demokratieindex 2023 einen globalen Rückgang um 0,06 Punkte auf 5,23 verzeichnet, sehen wir auch in Europa besorgniserregende Entwicklungen. Tatsächlich zeigen Länder wie Polen und Ungarn deutliche demokratische Rückschritte, und in Ländern wie Moldau äußern etwa 81% der Bevölkerung ihre Unzufriedenheit mit der Demokratie.
In dieser Analyse untersuchen wir die wahre Stärke der europäischen Demokratie. Dabei betrachten wir nicht nur die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen, sondern auch die Rolle der Europäischen Union, deren Parlament die zweitgrößte demokratische Wahl weltweit durchführt.
Der Demokratieindex von The Economist: Methodik und Bedeutung
Der Demokratieindex von The Economist Intelligence Unit (EIU) gehört zu den weltweit anerkanntesten Instrumenten zur Messung demokratischer Strukturen. Seit 2006 veröffentlicht die EIU jährlich diesen Index, der mittlerweile zu einem wichtigen Referenzpunkt in der politischen Analyse geworden ist. Im Februar 2025 erschien die neueste Ausgabe mit besorgniserregenden Ergebnissen: Der globale Durchschnittswert fiel auf 5,17 – den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung.
Wie der Demokratieindex berechnet wird
Das Berechnungsverfahren des Demokratieindex basiert auf einer umfassenden Methodik mit 60 Einzelfragen, die entweder zwei oder drei Antwortmöglichkeiten bieten. Bei Fragen mit zwei Optionen werden null oder ein Punkt vergeben, bei drei Optionen sind null, 0,5 oder ein Punkt möglich. Die Datengrundlage setzt sich aus Experteneinschätzungen und öffentlichen Meinungsumfragen zusammen, wobei bei fehlenden Umfragedaten für bestimmte Länder auf Vergleichswerte und zusätzliche Expertenurteile zurückgegriffen wird.
Für die Gesamtbewertung werden zunächst innerhalb jeder Kategorie die Punktzahlen addiert, mit zehn multipliziert und durch die Anzahl der Fragen in dieser Kategorie geteilt. Der Gesamtindex ergibt sich dann aus dem Durchschnitt der fünf Kategoriewerte. Basierend auf dieser Gesamtpunktzahl erfolgt die Einteilung in vier Regimekategorien:
- Vollständige Demokratie: 8,01 bis 10,00 Punkte
- Unvollständige Demokratie: 6,01 bis 8,00 Punkte
- Hybridregime: 4,01 bis 6,00 Punkte
- Autoritäres Regime: 0,00 bis 4,00 Punkte
Dabei gibt es einige wichtige Modifikationen: Bei bestimmten Schlüsselfragen führt eine Nullbewertung automatisch zur Nullbewertung weiterer Fragen. Beispielsweise wird die Frage nach fairen Wahlen automatisch mit null bewertet, wenn die Frage nach freien Wahlen bereits mit null bewertet wurde.
Die fünf Bewertungsfaktoren im Detail
Der Demokratieindex bewertet Länder anhand von fünf zentralen Faktoren, die unterschiedliche Aspekte demokratischer Systeme abdecken:
- Wahlprozess und Pluralismus (12 Indikatoren): Bewertet die Freiheit und Fairness von Wahlen. Eine typische Frage lautet: „Sind die Wahlen frei und gerecht?“ mit Antwortoptionen „frei und gerecht“ (1 Punkt), „frei, aber nicht gerecht“ (0,5 Punkte) oder „weder frei noch gerecht“ (0 Punkte).
- Funktionsweise der Regierung (14 Indikatoren): Untersucht, inwieweit gewählte Repräsentanten tatsächlich politische Entscheidungen treffen können. Hier wird beispielsweise gefragt: „Bestimmen frei gewählte Abgeordnete über die Politik der Regierung?“.
- Politische Teilhabe (9 Indikatoren): Misst das politische Engagement der Bevölkerung, etwa durch die Frage, welcher Anteil der Bürger Politik in den Medien verfolgt.
- Politische Kultur (8 Indikatoren): Bewertet, ob ein ausreichender gesellschaftlicher Konsens zur Unterstützung einer funktionierenden Demokratie besteht.
- Bürgerrechte (17 Indikatoren): Untersucht den Schutz grundlegender Freiheiten, beispielsweise mit der Frage: „Wird vom Staat Folter angewandt?“.
Besonders bemerkenswert ist, dass vier Fragen als so grundlegend angesehen werden, dass eine niedrige Bewertung zu einem Punktabzug in der jeweiligen Kategorie führt. Diese „entscheidenden Elemente der Demokratie“ umfassen die Fragen nach freien und fairen Wahlen, der Sicherheit der Wähler, dem Einfluss ausländischer Mächte auf die Regierung und der Fähigkeit des öffentlichen Dienstes zur Umsetzung politischer Entscheidungen.
Kritik an der Methodik
Trotz seiner breiten Anerkennung ist der Demokratieindex nicht frei von Kritik. Zunächst fällt auf, dass nicht transparent gemacht wird, wie viele und welche Experten für die Bewertungen herangezogen werden. Dies wirft Fragen zur Objektivität und Überprüfbarkeit der Ergebnisse auf.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die auffällig gute Bewertung parlamentarischer Monarchien, obwohl deren Monarchen nicht demokratisch gewählt werden und lebenslang wichtige Funktionen in der Staatsrepräsentation oder sogar der Exekutive innehaben können. Im Gegensatz dazu schneiden demokratische Republiken, die die fünf Bewertungskriterien eigentlich gut erfüllen, tendenziell etwas schlechter ab.
Darüber hinaus ist die Datenlage in politisch instabilen oder gefährlichen Staaten oft unzureichend, was zu ungenauen Bewertungen führen kann. Dies schränkt die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Ländern ein.
Anders als bei manchen anderen Demokratieindizes fließen wirtschaftliche Lebensstandards nicht in die Bewertung ein. Dies ist methodisch durchaus begründbar, bedeutet aber, dass der Index nur einen bestimmten Aspekt gesellschaftlicher Entwicklung abbildet.
Die Economist Intelligence Unit betont jedoch, dass ihr Index trotz dieser Einschränkungen international breit rezipiert wird – sowohl in der Presse als auch in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Zudem korrelieren die Werte des EIU-Demokratieindex in der Regel gut mit den Bewertungen anderer Demokratiemessungen wie dem Freedom House Index.
Europas Position im globalen Demokratieindex 2025
Während der globale Demokratiewert erneut gesunken ist, sticht Europa im weltweiten Vergleich deutlich hervor. Der Kontinent beheimatet die meisten vollständigen Demokratien und zeigt damit seine besondere Stellung im internationalen Demokratievergleich.
Die Top-Performer in Europa
Die nordischen Länder dominieren weiterhin die Spitzenplätze des Demokratieindex. Norwegen führt mit einem beeindruckenden Wert von 9,81 Punkten die weltweite Rangliste an. Besonders auffällig ist die starke Präsenz skandinavischer Staaten unter den Top-Performern: Mit Schweden (9,39 Punkte), Finnland (9,3 Punkte) und Dänemark (9,28 Punkte) belegen drei weitere nordische Nationen Spitzenplätze.
Tatsächlich besetzen die nordischen Länder fünf der sieben ersten Plätze im globalen Demokratieindex. Neuseeland konnte sich als Nicht-Europäer auf den zweiten Platz schieben, während die Schweiz auf Rang fünf vorrückte.
Bemerkenswert ist zudem, dass Portugal 2024 zur Gruppe der „vollständigen Demokratien“ aufstieg. Gleiches gilt für Estland und die Tschechische Republik, die beide erstmals als vollständige Demokratien klassifiziert wurden – die einzigen osteuropäischen Länder mit diesem Status.
Deutschland positioniert sich mit 8,8 Punkten auf Platz 9 des Rankings und zählt damit ebenfalls zu den vollständigen Demokratien. Weitere europäische Länder unter den Top 20 sind:
- Irland (9,19)
- Niederlande (9,0)
- Luxemburg (8,81)
- Österreich (8,28)
- Vereinigtes Königreich (8,28)
- Griechenland (8,14)
Europas Durchschnittswerte im weltweiten Vergleich
Westeuropa sticht mit dem höchsten regionalen Indexwert von 8,38 Punkten hervor und war 2024 die einzige Region, die ihren Gesamtwert verbessern konnte. Dies unterstreicht die besondere Stellung Europas als demokratischer Leuchtturm in einer Zeit, in der der Demokratieindex global unter Druck steht.
Im Gegensatz dazu zeigen andere Weltregionen teilweise deutliche demokratische Defizite. Besonders auffällig ist die Entwicklung in Subsahara-Afrika, wo der durchschnittliche Wert von 4,14 im Jahr 2022 auf 4,04 im Jahr 2023 gesunken ist. Der Rückgang betraf mehr als 40 Prozent der 44 untersuchten Länder dieser Region, wobei 18 Nationen schlechtere Werte als im Vorjahr verzeichneten.
Darüber hinaus ist alarmierend, dass laut dem Demokratieindex 2023 nur 45,7 Prozent der Weltbevölkerung in demokratischen Staaten leben. Noch drastischer: In vollständigen Demokratien leben nur 7,8 Prozent der globalen Bevölkerung. Europa bildet hier eine Ausnahme, da der Kontinent die meisten vollständigen Demokratien beheimatet.
Allerdings sieht sich auch Europa zunehmenden Herausforderungen gegenüber. Wie Politico aufzeigt, steht die Europäische Union 75 Jahre nach ihrer Gründung vor ernsten Problemen: „Was einst eine Union wirtschaftlicher Schwergewichte war, ist nun eine stagnierende Ansammlung von Ländern, die hinter dynamischen globalen Rivalen zurückbleiben“. Die wachsende politische Polarisierung und der Aufstieg ultranationalistischer Führungspersönlichkeiten, deren Bekenntnis zu demokratischen Grundwerten fraglich erscheint, stellen eine ernstzunehmende Bedrohung dar.
Zudem werden demokratische Prozesse zunehmend durch Desinformation gefährdet. Die ehemalige EU-Kommissarin Kaja Kallas warnte: „Die Russen haben wirklich den Code geknackt, wie man Wahlen beeinflussen kann“. Manipulationsvorwürfe, wie 2024 in Moldau, oder gar Wahlwiederholungen, wie Anfang 2025 bei den Präsidentschaftswahlen in Rumänien, schwächen das Vertrauen in demokratische Institutionen.
Trotz aller Herausforderungen bleibt Europa jedoch die demokratisch stabilste Region weltweit. Mit 24 als „vollständige Demokratien“ eingestuften Ländern weltweit – von denen sich die meisten auf dem europäischen Kontinent befinden – bleibt Europa ein globales demokratisches Zentrum, auch wenn die Demokratie in einigen Teilen der Welt unter Druck geraten ist.
Deutschland im Demokratieindex: Stärken und Schwächen
In der aktuellen Ausgabe des Demokratieindex kletterte Deutschland um zwei Plätze auf Rang 12 von 167 untersuchten Ländern. Als vollständige Demokratie mit einem Wert von 8,8 Indexpunkten zeigt die Bundesrepublik bemerkenswerte Stärken, aber auch einige bedenkliche Schwachstellen im demokratischen System. Diese Positionierung verdeutlicht, dass Deutschland trotz seines guten Abschneidens noch Raum für Verbesserungen hat.
Entwicklung Deutschlands seit 2006
Betrachtet man die Entwicklung der deutschen Demokratiequalität seit Einführung des Index, erkennt man eine gewisse Stabilität mit leichten Schwankungen. Im Jahr 2010 lag Deutschland bei einem Wert von 8,38 Punkten. In den folgenden Jahren pendelte der Wert zwischen 8,31 und 8,38, bevor er 2017 auf 8,61 anstieg. Bemerkenswert ist der deutliche Qualitätssprung zwischen 2013 und 2014, als der Wert von 8,31 auf 8,64 kletterte.
Ab 2014 stabilisierte sich der Demokratiewert Deutschlands auf einem höheren Niveau. In den Jahren 2018 und 2019 erreichte er mit 8,68 einen vorläufigen Höhepunkt. Nach einem leichten Rückgang auf 8,67 in den Jahren 2020 und 2021 stieg der Wert 2022 auf das bisherige Maximum von 8,8 Punkten.
Diese positive Entwicklung ist beachtlich, da sie sich gegen den globalen Trend stellt. Tatsächlich ist der weltweite Durchschnittswert mit 5,23 im Jahr 2023 auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2006 gefallen. Während global ein „allgemeiner Trend der Regression und Stagnation“ zu beobachten ist, konnte Deutschland seine demokratische Qualität verbessern.
Vergleich mit anderen vollständigen Demokratien
Obwohl Deutschland als „vollständige Demokratie“ klassifiziert wird, liegt es im Vergleich mit anderen Ländern dieser Kategorie nur im Mittelfeld. Von den 24 Ländern, die weltweit als vollständige Demokratien gelten, belegt Deutschland Platz 12. Allerdings ist anzumerken, dass laut dem Bericht der Economist Intelligence Unit (EIU) die Verbesserung der deutschen Position weniger auf eigene Fortschritte als vielmehr auf die Verschlechterung anderer Länder zurückzuführen ist.
Im Gegensatz zu den nordischen Spitzenreitern zeigt Deutschland ein uneinheitlicheres Bild bei den fünf Bewertungsfaktoren:
- Stärken: Deutschland erzielt seine besten Werte in den Kategorien „Wahlverfahren und Pluralismus“ sowie „Bürgerliche Freiheiten“. Dies spiegelt die Offenheit, Transparenz und das gute Funktionieren des Wahlsystems sowie der Machtübergabe wider.
- Schwächen: Defizite zeigen sich hingegen beim „Funktionieren der Regierung“. Hier wird angemerkt, dass die Ampel-Koalition 2023 erhebliche Schwierigkeiten hatte, Einigungen zu erzielen, was zu sinkenden öffentlichen Zustimmungsraten führte.
Besonders bedenklich erscheint die Bewertung der „politischen Kultur“. In diesem Bereich steht Deutschland laut dem Bericht „vor den größten Herausforderungen“, wobei explizit die steigende Unterstützung für die AfD als problematisch genannt wird.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass Deutschland im europäischen Kontext eine starke Position einnimmt. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen europäischen Ländern, die als „unvollständige Demokratien“ bewertet werden, gehört Deutschland zu den 15 westeuropäischen Staaten, die als „vollständige Demokratien“ klassifiziert werden. Dies unterstreicht die relative Stärke des deutschen demokratischen Systems im europäischen Vergleich.
Bemerkenswert ist außerdem, dass die Demokratiematrix Deutschland sogar auf dem zweiten Platz mit einem Wert von 0,94 als „funktionierende Demokratie“ einstuft. Dies verdeutlicht, dass verschiedene Demokratieindizes zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, abhängig von ihrer Methodik und Schwerpunktsetzung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutschland trotz einiger Schwächen eine robuste demokratische Entwicklung zeigt. Allerdings weisen die identifizierten Problembereiche – insbesondere bei der politischen Kultur und der Regierungsfunktion – auf Herausforderungen hin, denen sich die deutsche Demokratie in den kommenden Jahren stellen muss.
Demokratische Rückschritte in Europa: Problemfälle und Ursachen
Trotz der starken Position Europas im Demokratieindex gibt es beunruhigende Entwicklungen in mehreren Ländern. Die Europäische Union bescheinigt insbesondere Polen und Ungarn weiterhin gravierende Defizite bei der Wahrung demokratischer Grundwerte und Rechtsstaatlichkeit.
Polen und Ungarn: Analyse der Entwicklung
In Polen prangert die EU-Kommission seit Jahren die Einflussnahme der nationalkonservativen Regierungspartei PiS auf die Justiz an. Besonders problematisch war die umstrittene Disziplinarkammer, die missliebige Richter entlassen oder bestrafen konnte. Obwohl im Juli 2022 ein Gesetz zur Abschaffung dieser Kammer in Kraft trat, reichte dies der EU-Kommission nicht aus, um die Gewaltenteilung als gesichert zu betrachten.
Darüber hinaus sieht die Kommission in Polen deutliche Unzulänglichkeiten im Kampf gegen Korruption, eine Gefahr für die Medienvielfalt und die Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Medien. Die PiS hatte mit ihrer Parlamentsmehrheit ein neues Mediengesetz verabschiedet und damit den Rundfunkrat ausgeschaltet, was seit Jahren auf scharfe Kritik in der EU stößt.
In Ungarn ist die Situation noch besorgniserregender. Viktor Orbáns Griff nach der Macht ist deutlich stärker ausgeprägt, was das Land, wie Experten argumentieren, als eine nicht funktionierende Demokratie qualifiziert. Die Regierungspartei Fidesz nutzte ihre absolute Mehrheit, um die ungarische Verfassung neu zu schreiben und die Gewaltenteilung zu schwächen. Sie kontrolliert zudem nahezu vollständig die Medien und andere politische Ressourcen, wodurch die Bevölkerung effektiv von politischer Partizipation abgehalten wird.
Populismus als Herausforderung für die Demokratie
Der Rechtspopulismus stellt eine besondere Bedrohung für die demokratischen Grundwerte dar. Anders als der Populismus, der sich trotz seiner Verkürzungen und Übertreibungen im demokratischen Rahmen verortet, wirkt sich der Rechtspopulismus eindeutig negativ auf die demokratische politische Kultur und Öffentlichkeit aus.
Besonders problematisch ist die Vorstellung einer Hierarchie zwischen Menschen und die Idee des homogenen Volkskörpers, der gegen „Fremdlinge“ verteidigt werden muss. Diese stehen in klarer Opposition zur Universalität der Menschenrechte und zum Gleichheitsprinzip. Der Rechtspopulismus spricht gleichzeitig ein demokratisches und ein antidemokratisches Publikum an, indem er kalkulierte Ambivalenz produziert.
Institutionell und kulturell hat eine „Normalisierung“ des Rechtspopulismus stattgefunden. In der Regierung tendieren Populisten häufig zu einer autoritären Politik, in der andere Menschen ausgeschlossen und zu Gegnern erklärt werden. Dies widerspricht einem wesentlichen Bestandteil einer Demokratie: dem Pluralismus.
Alarmierend ist zudem, dass einige EU-Länder die illiberalen Gesetze anderer Länder nachahmen. Die ehemalige EU-Kommissarin Věra Jourová bezeichnete dies als „schockierend“. Ein Beispiel ist das ungarische „Kinderschutzgesetz“, das nach eigenen Angaben Kinder vor Pädophilie schützen soll, aber tatsächlich LGBT-Rechte einschränkt. Inzwischen ziehen Bulgarien und möglicherweise auch die Slowakei nach und verbieten oder beschränken die „LGBT-Propaganda“ in Schulen.
Wirtschaftliche Faktoren und demokratische Stabilität
Wirtschaftliche Faktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung populistischer Bewegungen und demokratischer Instabilität. Studien zeigen, dass diese einen großen Einfluss haben sowohl auf die Zufriedenheit mit demokratischen Institutionen als auch auf die Zustimmung zu populistischen und extremistischen Parteien.
In wirtschaftlich schweren Zeiten steht die politische Stabilität in Demokratien unter größerem Druck. Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Ereignissen, die das Erstarken von Populisten begünstigen, zählen neben Wirtschafts- und Finanzkrisen auch eine zunehmende Ungleichverteilung der Einkommen sowie Auswirkungen strukturellen Wandels und wirtschaftlicher Globalisierung.
Besonders auffällig ist, dass der Zuspruch für Populisten und radikale Ansichten in betroffenen Regionen über alle Einkommensgruppen hinweg zunimmt. Je größer die Kluft zwischen Arm und Reich, je stärker Regionen im nationalen Vergleich abgehängt werden und je schlechter ihre wirtschaftliche Perspektive ist, desto größer ist auch der Nährboden für radikale Strömungen.
Die globale Finanzkrise von 2008 gab illiberaler Politik und populistischen Bewegungen zusätzlichen Aufschwung, da die wirtschaftliche Instabilität und die zunehmende Ungleichheit zu wachsender Skepsis gegenüber traditionellen liberalen Institutionen führten. Nach der Krise haben die europäischen Staaten unterschiedlich schnell und unterschiedlich stark zu positiven Wachstumsraten zurückgefunden.
Um dem Erstarken populistischer und demokratiegefährdender Bewegungen entgegenzutreten, ist es daher wichtig, dass der Staat für einen hinreichenden sozialen Ausgleich sorgt und in allen Regionen Chancen und Zukunftsperspektiven bietet.
Die Rolle der EU bei der Stärkung demokratischer Werte
Die Europäische Union versteht sich als Wertegemeinschaft, in der Demokratie ein zentrales Fundament bildet. In einer Zeit, in der der Demokratieindex für mehrere Mitgliedstaaten rückläufige Tendenzen zeigt, nimmt die EU zunehmend eine aktive Rolle als Verteidigerin demokratischer Grundwerte ein. Die EU-Kommission hat die Thematik 2019 erstmals als eine ihrer Prioritäten definiert und eigens Kommissarinnen mit dem Thema Demokratie beauftragt.
EU-Mechanismen zum Schutz der Demokratie
Die EU hat verschiedene Instrumente entwickelt, um demokratische Prinzipien zu schützen. Im Zentrum steht dabei das in Artikel 7 EUV verankerte politische Sanktionsverfahren – auch als „schärfstes Schwert der EU“ bezeichnet. Dieses ermöglicht bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Grundwerte die Aussetzung von Stimmrechten eines Mitgliedstaats im Rat. Als dieses Verfahren jedoch gegen Polen (2017) und Ungarn (2018) eingeleitet wurde, zeigten sich die Grenzen des Instruments – die erforderliche Einstimmigkeit machte es faktisch wirkungslos.
Als Reaktion auf diese Herausforderung wurde Ende 2020 ein neuer „Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit“ eingeführt. Dieser verknüpft die Auszahlung von EU-Geldern mit der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien. Dabei handelt es sich um einen sogenannten „Konditionalitätsmechanismus“, der EU-Zahlungen an Mitgliedstaaten aussetzt, wenn diese gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Nachdem der Europäische Gerichtshof im Februar 2022 die Rechtmäßigkeit dieses Mechanismus bestätigte, kann die EU-Kommission nun tatsächlich Mittel kürzen oder ihre Auszahlung aussetzen.
Darüber hinaus hat die EU weitere Instrumente entwickelt:
- Der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit (seit 2020) analysiert die Entwicklungen in allen Mitgliedstaaten und gibt konkrete Empfehlungen
- Das Vertragsverletzungsverfahren beim EuGH ermöglicht eine gerichtliche Überprüfung unionsrechtlicher Verpflichtungen
- Der EU-Aktionsplan für Demokratie (2020) fördert freie und faire Wahlen, stärkt die Medienfreiheit und bekämpft Desinformation
- Das Paket zur Verteidigung der Demokratie (Dezember 2023) ergänzt diese Maßnahmen mit Transparenzstandards für Interessenvertretungstätigkeiten aus Drittländern
Besonders hervorzuheben ist der 2023 veröffentlichte fünfte jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, der zeigt, dass die EU mittlerweile deutlich besser auf Herausforderungen vorbereitet ist als noch vor fünf Jahren. Bemerkenswert ist zudem, dass 68% der Empfehlungen aus dem Vorjahr vollständig oder teilweise umgesetzt wurden.
Grenzen der EU-Einflussnahme
Trotz dieser Fortschritte stößt die EU bei der Verteidigung demokratischer Werte auf erhebliche Hürden. Das grundlegende Problem beim Artikel-7-Verfahren bleibt bestehen: Für Sanktionen ist Einstimmigkeit erforderlich. Da sich problematische Staaten wie Ungarn und Polen gegenseitig schützen, wird das Verfahren nahezu wirkungslos.
Hinzu kommt, dass die EU selbst mit demokratischen Defiziten kämpft. Kritiker verweisen auf ein „strukturelles Demokratiedefizit“, das mit dem Fehlen eines europäischen Staatsvolks zusammenhängt. Die Vielfalt der Sprachen und das Fehlen „europäischer Medien“ erschweren einen gesamteuropäischen politisch-öffentlichen Diskurs.
Darüber hinaus bleibt der Schutz mitgliedstaatlicher Demokratien nicht allein eine Aufgabe der EU-Institutionen. Die Reaktionen der polnischen und ungarischen Regierungen auf Interventionen zeigen, dass rechtliche Verfahren allein nicht ausreichen, wenn rechtsautoritäre Bewegungen breite politische Unterstützung finden. Deswegen fordern Experten eine „Kultur der Einmischung“ – mehr politische Auseinandersetzung sowohl auf institutioneller als auch auf gesellschaftlicher Ebene.
Die künftige Demokratieagenda der EU sollte daher alle verfügbaren Instrumente nutzen, um die Demokratie zu schützen und bei Verstößen gegen die Grundwerte zu sanktionieren. Jedoch muss die EU gleichzeitig sicherstellen, dass ihre eigene Gesetzgebung demokratischen Standards entspricht, um ihre Legitimität in diesem Bereich nicht zu gefährden.
Technologische Einflüsse auf Europas Demokratien
Die digitale Revolution hat die Grundlagen demokratischer Prozesse in Europa stark verändert. Technologische Plattformen beeinflussen zunehmend, wie Bürger:innen an demokratischen Prozessen teilnehmen, Informationen konsumieren und politische Meinungen bilden.
Soziale Medien: Chance oder Gefahr?
In soziale Medien wurden ursprünglich große Hoffnungen für eine Stärkung der Demokratie gesetzt. Jedoch werden ihnen mittlerweile viele Probleme zugeschrieben, mit denen demokratische Systeme heute konfrontiert sind. Die Risiken lassen sich in fünf Kategorien einteilen: Überwachung, Personalisierung, Desinformation, Moderation und Mikrotargeting.
Europäer:innen sind gespalten in ihrer Einschätzung: 30 Prozent sehen negative Auswirkungen sozialer Medien auf die Demokratie, während 28 Prozent positive Effekte wahrnehmen. Die Mehrheit (42 Prozent) steht diesen Plattformen ambivalent gegenüber. Bemerkenswert sind die deutlichen Unterschiede zwischen den Ländern. In Frankreich bewerten 43 Prozent die Auswirkungen kritisch, während nur 19 Prozent positiv gestimmt sind. In Deutschland liegt das Verhältnis bei 35 zu 24 Prozent. Deutlich positiver ist die Einschätzung in Polen, wo nur 18 Prozent negative Auswirkungen sehen, während 39 Prozent einen positiven Einfluss feststellen.
Desinformation und ihre Bekämpfung
Die Verbreitung falscher Informationen in sozialen Medien kann die Fähigkeit der Bürger:innen beeinträchtigen, sich politische Meinungen zu bilden. Obwohl die Reichweite und Auswirkungen von Desinformation häufig überschätzt werden, gibt es Hinweise auf negative Folgen in bestimmten Kontexten. Desinformationskampagnen können unter bestimmten Umständen Wahlergebnisse beeinflussen und das Vertrauen in demokratische Institutionen untergraben.
Die EU hat bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Desinformation zu bekämpfen:
- Der Aktionsplan gegen Desinformation zur Stärkung von EU-Fähigkeiten
- Der Europäische Aktionsplan für Demokratie mit Leitlinien für Online-Plattformen
- Der verstärkte Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation (2022)
- Das Europäische Observatorium für digitale Medien (EDMO)
Die Bürger:innen unterstützen diesen Kurs entschieden: Überwältigende 85 Prozent fordern, dass die Politik mehr gegen die Verbreitung von Desinformation unternehmen sollte. Von den Plattformbetreibern erwarten sogar 89 Prozent größere Anstrengungen.
Digitale Partizipation als demokratisches Instrument
Digitale Beteiligungsinstrumente bieten neue Möglichkeiten für demokratische Teilhabe. Das Spektrum reicht von Online-Abstimmungen über Bürgerhaushalte bis hin zu digitalen Petitionen. Gleichzeitig kann die digitale Vernetzung dazu beitragen, das Engagement bei politischen Entscheidungen zu steigern.
Bemerkenswerte Beispiele sind das erste Online-Referendum in der belgischen Region Flandern oder die Organisation von Protestbewegungen wie Fridays for Future und Black Lives Matter. Diese Entwicklungen zeigen, dass digitale Plattformen nicht nur für Desinformation, sondern auch für demokratische Partizipation genutzt werden können.
Trotzdem bestehen Herausforderungen: 71 Prozent der Bürger:innen finden es schwierig, sich auf EU-Ebene zu beteiligen. Daher wird eine zentrale, benutzerfreundliche Online-Plattform für alle Beteiligungsinstrumente benötigt, um Vernetzungsmöglichkeiten und politische Bildung zu fördern.
Die Zukunft der europäischen Demokratien wird davon abhängen, wie gut es gelingt, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig deren Risiken einzudämmen. Entscheidend ist dabei, dass Bürger:innen befähigt werden, die mit dem Internet verbundenen Risiken zu verstehen – beispielsweise durch verbesserte digitale Kompetenz und die Unterstützung unabhängiger Medien.
Vergleich verschiedener Demokratie-Messungen
Neben dem bekannten Demokratieindex von The Economist existieren weitere bedeutende Messinstrumente, die unterschiedliche Aspekte demokratischer Systeme erfassen. Diese Vielfalt an Indizes ermöglicht ein differenzierteres Bild der globalen Demokratieentwicklung, wobei jedes Instrument eigene methodische Ansätze verfolgt.
V-Dem Demokratieindizes
Die V-Dem Demokratieindizes gelten als die ausführlichsten und detailliertesten unter den verschiedenen Demokratiemessungen. Sie umfassen eine beeindruckende Anzahl von 483 eigenen Indikatoren sowie 59 weitere Indikatoren, die verschiedene Aspekte demokratischer Systeme bewerten. Jeder Indikator wird von mindestens fünf Länderexperten unabhängig voneinander kodiert, was die Zuverlässigkeit der Daten erhöhen soll.
V-Dem unterscheidet zwischen fünf Kernindizes: Electoral Democracy (Wahldemokratie), Liberal Democracy (liberale Demokratie), Participatory Democracy (partizipative Demokratie), Deliberative Democracy (deliberative Demokratie) und Egalitarian Democracy (egalitäre Demokratie). Besonders hervorzuheben ist, dass der V-Dem-Datensatz jährliche Messungen ab 1900 enthält, wobei einzelne Variablen sogar bis 1789 zurückreichen.
Freedom House Index
Der von der Nichtregierungsorganisation Freedom House jährlich veröffentlichte Bericht „Freedom in the World“ bewertet seit 1973 den Zustand politischer Rechte und bürgerlicher Freiheiten weltweit. Der Index erfasst drei Dimensionen im Bereich der politischen Rechte: Wahlprozess, politischer Pluralismus und Partizipation sowie die Funktionsweise des Regierungssystems.
Auf Basis der Bewertungen werden Länder als „frei“ (1,0 bis 2,5 Punkte), „teilweise frei“ (3,0 bis 5,0 Punkte) oder „nicht frei“ (5,5 bis 7,0 Punkte) klassifiziert. Im Jahr 2023 zeigte der Index einen besorgniserregenden Trend: In Europa verschlechterte sich die Freiheit in 14 Ländern, während nur 6 Länder Verbesserungen verzeichneten.
Bertelsmann Transformation Index
Der Bertelsmann Transformation Index (BTI) wird seit 2006 alle zwei Jahre von der Bertelsmann Stiftung veröffentlicht und analysiert politische und wirtschaftliche Transformationsprozesse in 137 Entwicklungs- und Transformationsländern. Der BTI bewertet die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Governance in drei analytischen Dimensionen:
- Die politische Transformation hin zu einer rechtsstaatlichen Demokratie
- Die wirtschaftliche Transformation hin zu einer Marktwirtschaft mit sozialpolitischer Flankierung
- Die politische Steuerung von Transformation (Governance)
Der BTI ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von knapp 300 Länder- und Regionalexperten. Bemerkenswert ist, dass der Index auch einen Governance-Index umfasst, der die Steuerungsfähigkeit politischer Entscheidungsträger bewertet und dabei Faktoren wie Schwierigkeitsgrad, Gestaltungsfähigkeit und Ressourceneffizienz berücksichtigt.
Unterschiede in Methodik und Ergebnissen
Die verschiedenen Demokratieindizes unterscheiden sich erheblich in ihrer methodischen Herangehensweise und konzeptionellen Ausrichtung. Während der V-Dem-Index mit seinen 483 Indikatoren den umfassendsten Datensatz bietet, konzentriert sich Freedom House stärker auf politische Rechte und bürgerliche Freiheiten. Der BTI hingegen betrachtet zusätzlich wirtschaftliche Transformation und Governance-Aspekte.
Trotz methodischer Unterschiede werden die Indizes häufig von internationalen Organisationen für ihre eigenen Analysen genutzt. Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International und der Ibrahim Index of African Governance beruhen teilweise auf BTI-Ergebnissen, während die Weltbank V-Dem-Daten für ihre Worldwide Governance Indicators verwendet.
Für ein umfassendes Verständnis demokratischer Entwicklungen empfehlen Experten, mehrere Indizes zu vergleichen, da jeder unterschiedliche Stärken und Schwerpunkte aufweist. Die unterschiedlichen methodischen Ansätze können zu abweichenden Bewertungen einzelner Länder führen – ein Umstand, der bei der Interpretation berücksichtigt werden sollte.
Prognosen für die demokratische Entwicklung Europas
Die Zukunft der Demokratie in Europa zeigt unterschiedliche Entwicklungspfade. Während einige Indikatoren Anlass zur Sorge geben, deuten andere auf eine potenzielle Erneuerung des demokratischen Gedankens hin. Ein differenzierter Blick auf kommende Trends ist daher unerlässlich, um die demokratische Entwicklung des Kontinents zu verstehen.
Kurzfristige Trends bis 2030
Die Einbindung in das supranationale System der EU macht viele europäische Staaten widerstandsfähiger gegenüber Krisen. Diese Resilienz zeigt sich besonders in der gemeinsamen Handlungsfähigkeit, wie während der Coronapandemie oder beim European Green Deal. Allerdings steht Europa vor demokratischen Herausforderungen, die unmittelbare Aufmerksamkeit erfordern.
Zu den wichtigsten Empfehlungen für die kommenden Jahre zählen weitere Reformen zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, verbesserte Rahmen für die Korruptionsbekämpfung und die Gewährleistung einer freien, pluralistischen Medienlandschaft. Ermutigend ist, dass 68% der Empfehlungen aus dem Rechtsstaatlichkeitsbericht 2023 bereits vollständig oder teilweise umgesetzt wurden.
Gleichzeitig bleibt der Wunsch, der EU beizutreten, ungebrochen hoch. Die Ukraine, Georgien, Moldau sowie Länder des westlichen Balkans streben nach einer schnellstmöglichen EU-Annäherung. Dies unterstreicht die anhaltende Anziehungskraft von Freiheit und Demokratie als Leitprinzipien der europäischen Integration.
Langfristige Herausforderungen
Der demografische Wandel wird Europa nachhaltig prägen. Während bis 2100 in allen anderen Weltregionen die Bevölkerungszahl steigt, wird sie in Europa mehr oder weniger stagnieren. Bis 2050 wird voraussichtlich nur noch jeder 20. Mensch aus Europa kommen, was einem Anteil von fünf Prozent entspricht. Diese Entwicklung stellt demokratische Institutionen vor langfristige Herausforderungen.
Die zunehmende Urbanisierung verstärkt regionale Ungleichgewichte. Schon 2018 lebten mehr als 75% der Europäer in urbanen Gebieten – 2050 werden es voraussichtlich 85% sein. Besonders stark wird das Wachstum der Städte in den ärmeren europäischen Ländern ausfallen.
In diesem Kontext gewinnt die Europäische Union als stabilisierender Faktor an Bedeutung. Allerdings kann die EU nicht nur über ihren ökonomischen Mehrwert legitimiert werden – sie muss sich auch an dem Maß demokratischer Selbstbestimmung messen lassen, das sie ihren Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht. Folglich bleibt die Stärkung demokratischer Grundwerte eine permanente Aufgabe für kommende Generationen.
Schlussfolgerung
Die Analyse des Demokratieindex 2025 zeigt deutlich: Europa bleibt trotz globaler demokratischer Rückschritte ein Leuchtturm der Demokratie. Besonders die nordischen Länder beweisen, dass funktionierende Demokratien auch im 21. Jahrhundert möglich sind. Dennoch stehen europäische Demokratien vor bedeutenden Herausforderungen.
Rechtspopulistische Strömungen und digitale Desinformation gefährden demokratische Grundwerte. Gleichzeitig entwickelt die Europäische Union neue Instrumente zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit. Der Konditionalitätsmechanismus und der jährliche Rechtsstaatlichkeitsbericht zeigen erste positive Wirkungen.
Demografischer Wandel und zunehmende Urbanisierung werden die europäischen Demokratien nachhaltig prägen. Diese Entwicklungen erfordern anpassungsfähige demokratische Institutionen. Allerdings beweist die anhaltende Anziehungskraft der EU für beitrittswillige Staaten die Stärke des demokratischen Modells.
Die Zukunft der europäischen Demokratie hängt maßgeblich davon ab, wie erfolgreich der Kontinent seine demokratischen Traditionen bewahrt und gleichzeitig neue Herausforderungen meistert. Dabei wird die Balance zwischen nationaler Souveränität und europäischer Integration eine Schlüsselrolle spielen.